Sprachenrecht und Sprachgerechtigkeit im österreichischen Unterrichtswesen 1867 - 1918

Titel: Sprachenrecht und Sprachgerechtigkeit im österreichischen Unterrichtswesen 1867 - 1918 / Hannelore Burger
Verfasser:
Veröffentlicht: Wien : Verl. d. Österr. Akad. d. Wiss., 1995
Umfang: 284 S. : graph. Darst.
Format: Buch
Sprache: Deutsch
Schriftenreihe/
mehrbändiges Werk:
Studien zur Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie ; 26
RVK-Notation:
Schlagworte:
ISBN: 370012211X
Lokale Klassifikation: 20 12 F ; 20 3 C

Die Existenz mehrerer Sprachen in einem Staatsverband beruhrt die Sphare von Recht und Gerechtigkeit. Sich an den anderen in einer Sprache zu wenden, die dieser versteht, scheint Bedingung der Moglichkeit jeder Gerechtigkeit. Als ungerecht wird empfunden, uber jemanden zu urteilen, ihn zu verurteilen in einer Sprache, die er nicht versteht. Unter Gerechtigkeit verstehen wir heute jedoch primar soziale Gerechtigkeit. Sprache scheint - folgt man fuhrenden Rechtstheoretikern - gar nicht unter den Begriff der Gerechtigkeit zu fallen. Sie ist Gegenstand von Gesetzen, Verordnungen, Erlassen - sie ist Objekt des Rechts. Doch sofern das Gesetz selbst sprachlich ist, sofern es durch die Sprache spricht, ist Sprache vor dem Gesetz. Das Grundrecht auf Wahrung und Pflege von Nationalitat und Sprache, wie es in Osterreich durch Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 gewahrt wurde, gehorte zu den "allgemeinen Rechten des Staatsburgers". Es bedeutete allererst Schutz und Erweiterung der Rechtssphare des einzelnen, im weiteren Sinne auch Schutz von kollektiven Personen (Gemeinden), nicht jedoch Schutz einer Sprache, eines Volksstammes, einer Ethnie. Zwar hatten die Schopfer dieses Verfassungsartikels die "Volksstamme des Staates" als Trager dieses Grundrechtes bestimmt, doch kam diesen - nach allgemeiner Auffassung - keine eigene Rechtspersonlichkeit zu. Das Recht auf den Gebrauch der je eigenen Sprache, der Muttersprache, wurde als ein personliches aufgefasst; es bestand in der Betatigung eines Vermogens. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind die Implikationen dieses Grundrechts sowie jene des in Absatz 2 des gleichen Artikels ausgesprochenen Grundsatzes der Gleichberechtigung aller landesublichen Sprachen auf das osterreichische Unterrichtswesen. Ausgehend von gegenwartigen Problematiken und Fragestellungen werden in dieser Arbeit Konflikte, Losungsversuche und Modelle beschrieben, wie sie sich im Kontext widerstreitender Ideologien und Politiken im Bereich des osterreichischen Unterrichtswesens wahrend der Verfassungszeit (1867-1918) herausgebildet haben.