Auftritt durch Austritt
Titel: | Auftritt durch Austritt : : Debattenboykotts als parlamentarische Praxis in Großbritannien und Frankreich (1797-1823) |
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Verfasser: | |
Veröffentlicht: | Freiburg : Universität, 2019 |
Umfang: | Online-Ressource |
Format: | E-Book |
Sprache: | Deutsch |
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Bemerkung: |
Archiv für Sozialgeschichte
58 (2018) , 37-67, ISSN: 0066-6505 |
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Zusammenfassung: |
Abstract: An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert etablierte sich der parlamentarische Debattenboykott in Frankreich und Großbritannien als Teil des Handlungsrepertoires oppositioneller Gruppen. Wiederholt kam es zu Konstellationen, in denen das Parlament angesichts des repressiven Auftretens der Regierungsmehrheit seine Legitimität als Forum der Nation, aber auch seinen instrumentellen Wert als oppositionelle Bühne einzubüßen schien. In solchen Fällen konnte eine weitere Teilnahme an seinen Debatten nicht nur sinnlos, sondern sogar schädlich erscheinen, insofern sie die bestehenden Verhältnisse ungewollt legitimiere. Als trotzige Partizipationsverweigerung war der Ausstieg nicht der Schlusspunkt politischen Handelns, sondern vielmehr selbst eine politische Praxis und ein Mittel, die herrschenden Konstitutionsbedingungen des parlamentarischen Raums infrage zu stellen. Anhand von Fallstudien aus Edinburgh, Dublin, London und Paris erörtert der Beitrag die Bedeutung dieser politischen Unterlassungspraxis in der Frühphase des modernen Parlamentarismus. Denn in ihrer Umsetzung, in den von ihnen ausgelösten Reaktionen und letztlich auch in ihrem überschaubaren Erfolg zeugten die Boykotts von den spezifischen Dimensionen des politischen Feldes dieser Zeit. Als kontroverse Erwartungsbrüche verwiesen sie auf ein Politikverständnis, das wie nie zuvor auf die Artikulation der vox populi fokussiert war. Gleichzeitig zeugten die Schwierigkeiten, mit denen sich die Boykotteure konfrontiert waren, aber auch von der prekären Stellung der Opposition im Kontext eines Parlamentarismus, das von den Ansprüchen einer Demokratie im heutigen Sinne weit entfernt war. Schließlich zeigen die Konflikten innerhalb der oppositionellen Gruppen – von den britischen Whigs in Dublin und Westminster bis hin zu den französischen Ultraroyalisten und Linksliberalen – dass der Verzicht auf eine zentrale politische Arena in einer Zeit, in der Partei- und Fraktionsbindungen erst im Ansatz gegeben waren, hohe, oft zu hohe Anforderungen an die Disziplin des politischen Kollektivs stellte |